Wie kommt es, dass man, im Zug sitzend, genehme Musik hörend, Roman lesend, sich umschauend, in das Gesicht eines Mädchens blickt und sich sofort verliebt?
Ich kenne sie nicht, sie mich wohl auch nicht.
Das einzige, was ich von ihr kenne, ist der erhaschte Blick auf ihr schönes Gesicht. Wir haben uns nicht einmal direkt angesehen.
Wie sah sie nochmal aus? Ein kurzer Blick, dann umher sehen auf die anderen Passagiere um nicht aufzufallen. Und um sich einzureden, die anderen Mädchen seien ja auch hübsch.
Doch irgendwie glänzen sie nicht. Der Sog, der von dem Mädchen ausgeht, sie anzusehen, das warme drücken unterm Brustkorb zu spüren, ist zu verführerisch um nicht hinzusehen.
Und wieder schaue ich auf ihr Gesicht, nur ganz kurz, versuche Details auszumachen. Der verstohlene Blick schweift weiter auf die Landschaft, über der sich langsam die Sonne legt. Der Himmel wird rot und blau und dunkel.
Und ich weiß, dass ich jeden Moment aussteigen und das Mädchen bald vergessen werde.
Das ist die Romantik des Bahnfahrens, des Wissens, mit fremden Menschen unterwegs zu sein, die wiederzutreffen so unwahrscheinlich ist.
♪ Chopin – Nocturnes ♪